Junges Landestheater Bayern

Pressestimmen zu 'Die Räuber 2006'

"Räuber" im tschechischen Grenzgebiet 

Dieses Theaterprojekt unter der Leitung von Matthias Fischer und Vera Schweinstetter leistet Erstaunliches, ja Vorbildliches. Obwohl „Tourneetheater“, lässt es sich intensiv ein auf den Raum, in dem es agieren will. In diesem Fall das bayerisch-tschechische Grenzgebiet im Landkreis Cham. Schon im letzten Jahr wurde eine höchst bemerkenswerte Inszenierung im Grenzbahnhof von Furth im Wald gezeigt, ein selbst erarbeitetes Stück über Grenze, Krieg und Vertreibung. Diesmal ist es die leer stehende Halle eines ehemaligen Teppich- und Fliesengeschäftes in Cham-Willmering. Unter Beteiligung der Berufsschule Cham und der Akademie für Holzgestaltung wurde der weitläufige Raum in eine multi-perspektivische Bühne verwandelt. Aus dem Schillerschen Schloss von Vater Max Moor (Arnulf Meifert) ist die streng gestylte Villa eines erfolgreichen aber frustrierten Altachtundsechziger geworden, mit Bibliothek und Tennisplatz. Was sich dort allerdings abspielt, ist der alte Konflikt: Bruderrivalität zwischen dem stubenhockerischen Computer-Freak Franz und dem eine Jugend-Gang anführenden Karl, der - heutige Form der absoluten sozialen Deklassierung - zu Beginn des Stückes von seinem disziplinarischen Schulverweis erfährt. Matthias Runge-Rannow (Franz) und Christian Erdt (Karl), Barbara Bachl (Amalie), sowie Christoph Helfrich (Roller) und Pascal Graf (Spiegelberg) meistern mit viel Authentizität jene Gratwanderung, die diese Produktion darstellt. Fugenlos nämlich wechseln sich Schillersche Originalpassagen mit heutiger Jugendprache ab und es ergibt doch ein stimmiges Ganzes. 

(Bayerische Staatszeitung vom 19.05.2006)

"Die Räuber": Karl Moor (Ch.Erdt) und der sterbende Roller (Ch.Helfrich)

Einfach losfahren in die Freiheit 

- Schillers "Räuber" äußerst ungewöhnlich aufgefasst vom Jungen Landestheater
Die Halle des ehemaligen Fliesen- und Teppichmarktes in Brennet bei Cham ist riesig. Dieser Ort ist aber nicht nur ungewöhnlich, das Ensemble ist es auch. Das Stück ist modern, doch Schillers Intention bleibt stets spürbar. Was bei diesen modernen „Räubern“ herauskam, könnte nach Schillers Geschmack sein: Die Akteure sind Stürmer und Dränger, sie wollen das Leben spüren: Grenzen austesten, Erfahrungen sammeln mit Drogen, Sexualität und Freundschaft. Jeder befindet sich auf der Suche, nach Freiheit, nach Heimat und Geborgenheit, jeder auf seine Weise. 
Karl (Christian Erdt), wie bei Schiller charismatisch, sympathisch und temperamentvoll, hat schon viel ausprobiert, um auf seine Weise die Freiheit zu finden. Er rebelliert gegen die gesellschaftliche Ordnung. In der Schule war er schon lange nicht mehr, der Verweis droht. Mit seinen Räubern zieht er herum, probiert Drogen aus, grölt ein bisschen gegen Rechtsradikale. Dann setzt die Räuberclique noch eins drauf: Der Weg führt nach Babylon in Tschechien, wo es billigen Sprit und schnellen Sex gibt. Da, wo Karls Großeltern einst lebten, läuft heute ein trauriges Kapitel tschechisch-deutscher Beziehungen. 

(Mittelbayerische Zeitung vom 25.05.2006)

Die Kunst, der Jazz und die Räuber

Das Stück "Die Räuber" in der Interpretation der ambitionierten Gruppe um die künstlerischen Leiter Vera Schweinstetter und Matthias Fischer versteht es, vielfältige Perspektiven auf das Angesicht des Menschen in Zeiten wie diesen aufzuzeigen. Diese moderne Interpretation von Schillers Räubern trifft jeden. Dem Jungen Landestheater gelingt es, den Heimat- und Freiheitsbegriff jeder Generation überscharf zu zeichnen, und dabei auch den Konflikt zwischen übertriebener Heimatliebe bis zum Rechtsradikalismus und verstiegenem Antipatriotismus ("Wir wollen ein Deutschland, in dem keiner mehr Deutsch sprechen können muss!") in aller Absurdität darzustellen. Der Theaterabend endet noch lange nicht mit dem Ende des Stückes. Publikum wie Spieler treffen sich unmittelbar nach der Aufführung in der Kulisse. Wo eben noch Karl Moor mit seinem Auto gegen einen Baum fuhr, spielt kurz darauf die tschechische Band Jazzmistake.

(Bayerwald Echo vom 27.05.2006)