Junges Landestheater Bayern

Nachdenken über Schule

"Was wird das für eine Generation? Eine harte oder nur eine rohe?" fragt sich der Lehrer in Ödön von Horvath's "Jugend ohne Gott" aus dem Jahr 1937, "Es ist eine schreckliche Bande! Oder versteh ich sie nicht? Bin ich mit meinen vierunddreißig Jahren bereits zu alt? Ist die Kluft zwischen uns tiefer als sonst zwischen den Generationen?" 
Der verzweifelte Ausruf eines Schülers in Ljudmila Rasumowskaja's "Liebe Jelena Sergejewna" aus dem Jahr 1980 klingt wie eine Antwort darauf: "Wir sind Ihre Kinder, Ihre leiblichen Kinder, und keine Stiefkinder. Wehren Sie sich nicht gegen uns mit Händen und Füßen! Sie selbst haben uns gezeugt!" 
Die Beziehung von Lehrern und Schülern zieht sich durch die Literaturgeschichte und beschäftigt uns nach einem Jahrhundert der Extreme in Sachen Pädagogik derzeit mehr denn je. Das Erwachsenwerden ist heute mit gewachsenen Anforderungen an jeden einzelnen Jugendlichen verbunden. Statt Normen einfach übernehmen zu können oder gegebenenfalls dagegen aufzubegehren, müssen diese langwierig selbst erarbeitet werden. Entsprechend bringt die neue Freiheit der Lebensgestaltung auch eine erhöhte Wahrscheinlichkeit des Scheiterns mit sich. Hier sind diejenigen Jugendlichen, die ohnehin mit den erhöhten Belastungen in Schule und Beruf bis an ihre Leistungsgrenzen gefordert sind, besonders betroffen. Wie lange werden sie dem großen Druck standhalten?
Anhand verschiedener Literaturvorlagen und in Gesprächen mit Schülern und Lehrern nähern wir uns dem Themenbereich Existenzängste, Erfolgsdruck und Gewalt in der Schule.  

Im Zentrum steht die Inszenierung "Notendruck" (nach Ljudmila Rasumowskaja "Liebe Jelena Sergejewna")

Paul (Ch. Erdt) will gehen.
Frau Goritzka Prüfungstaggedanken
Lena Ende
Wir dürfen nicht gehen.

Das Stück:

Es ist Freitagnachmittag und in der Schule ist es bereits still. Die Lehrerin Frau Goritzka ist die letzte im Gebäude und genießt die ersten ruhigen Minuten ihres Tages, als drei Schüler des Abschlussjahrgangs - einer von ihnen in Begleitung seiner Freundin - den Klassenraum betreten und ihr zum Geburtstag gratulieren. Die Lehrerin ist überrascht und gerührt, doch nach und nach wird der wirkliche Grund des Erscheinens der Schüler klar: Sie haben Angst, ihre Prüfungen nicht bestanden zu haben. Die Resultate lagern im Schultresor. Eine heimliche Korrektur und alle Probleme wären beseitigt. Den "Schlüssel" zum Erfolg hat die Lehrerin. Vielleicht kann man mit ihr reden und sie rückt den Schlüssel einfach raus? Doch die Lehrerin zeigt eine klare moralische Haltung und übersieht dabei, wie groß der Druck ist, unter dem ihre Schüler stehen. Sie lassen sich nicht mehr einfach nach Hause schicken. Ihre Ergebnisse zu frisieren scheint ihnen die letzte Möglichkeit zu sein. Die Situation entgleitet. 

Spieler: Uwe Thomsen, Rosa Frey, Ula Grzela, Fabian Stark, Christian Erdt 
Musik: Björn Glindemann, Oliver Hien, Ludwig Doben
Regie/Dramaturgie: Matthias Fischer, Vera Schweinstetter
Technische Leitung: Anton Spandl
Licht-/Tonregie: Kathi Ansel
Videoarbeiten: Hagen Wiel, Alexander Steig, Arnulf Meifert

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